5 WOHNUNGEN UNTER EINEM DACH. Mehrgenerationenwohnen. Bauen im Kontext einer Natur-/ Kulturlandschaft.


Nutzung:5 Wohnungen mit Gemeinschaftshaus, Mehrgenerationenwohnen
Ort: C/Roma 89, Las Pajanosas-Guillena (S)
Auftraggeber: Priv. Bauherr
Leistung: Entwurf bis Fertigstellung
Statik: Caballero Conde ingenieros
Mitarbeit: Pedro Rodríguez González (arqu. técnico)





DEHESA, die ursprüngliche Kulturlandschaft: beweidete Eichenhaine bekannt seit der Antike, gelten heute als Musterbeispiel naturnaher Kulturlandschaft. Die Bäume schützen den Boden vor Erosion, spenden Schatten, speichern Feuchtigkeit und liefern Holz, Kork, Mast für Schafe, Ziegen, Rinder und das iberische Schwein. Diese düngen und halten den Bewuchs niedrig was die Brandgefahr vermindert. Die Dehesa war traditionell in Gemeindeeigentum und wurde gemeinsam bewirtschaftet.




Die Bebauung begann in den 50er Jahren, als Folge der Pkw Mobilität breiter Bevölkerungsschichten und als Alternative zum Wohnen in der Stadt. Das hügelige Land wurde durch eine serpentinenartige Straße erschlossen und in Parzellen aufgeteilt. Von dem ursprünglichen Projekt mit Golf- und Reitanlage mit Bungalows prosperierten nur die z.T. villenartigen Einfamilienhäuser, die zu einer fortschreitenden Zersiedlung der Landschaft führten und im aktuellem Flächennutzungsplan als Gartenstadt definiert werden.




Analyse des Ortes, Randbedingungen und Strategie der Besetzung:

1. Klima, Orientierung zur Sonne. Wechsel von heißen und trockenen Sommern mit kalt-feuchten Wintern. Im Sommer ist die direkte Sonne schmerzlich, Mensch und Tier suchen den Schatten und die Nachtkühle konservierenden Orte. Im Winter hingegen vertreibt nur direkte Sonneneinstrahlung das klamme Gefühl der Kälte.
2. "Unendliche" Ausdehnung des Eichenhains dauerhaft erlebbar machen. Die Dehesa als Landschaftstyp ist auf dem Grundstück am intensivsten in Längsrichtung erlebbar. Da das Gelände nach Süden stark abfällt, dominiert visuell die Fernbeziehung auf die gegenüberliegende Hangseite. Als Blickfang bieten sich die weiß gekalkten Wände eines gut proportionierten landwirtschaftlichen Nutzgebäudes an. Im Frühjahr grasen Pferde auf den saftigen Weiden dieser intakten Dehesa. Der Horizont im Norden verliert sich hinter den Baumkronen. Dort scheint sich der Wald unendlich fortzusetzen. Eine zukünftige Bebauung der benachbarten Grundstücke würde in diese beiden Richtungen die Ausblicke nicht beeinträchtigen. Durch eine Bebauung der seitlich angrenzenden Parzellen würde jedoch eine dominierende direkte Präsenz auf das Grundstück entstehen. Besonders nach Westen dominiert bereits jetzt die Zersiedlung.
3. Die Hanglage des Terrains gibt die natürliche Orientierung nach Süden vor: Dort öffnet sich die Landschaft und bei klarem Wetter ist in der Ferne Sevilla wahrnehmbar.



4. Bei den wenigen aber intensiven Regenfällen kann der Boden, besonders nach Trockenheit, die Wassermengen nicht aufnehmen und es bildet sich ein richtiger Bach diagonal über die Parzelle der bei der Bebauung berücksichtigt werden muss.
5. Die Hauptwindrichtung ist N-S, was besonders für die heiße Jahreszeit von Bedeutung ist.
6. Der alte Baumbestand verteilt sich über die ganze Parzelle, besonders schöne Exemplare gruppieren sich im Zentrum. Die Steineichen sind perfekt an das Klima angepasst, wachsen aber sehr langsam. Es sollte möglichst der gesamte Baumbestand erhalten bleiben.
7. Ein besonderer Ort wurde zwischen den größten Bäumen in ca. 1/3 der Grundstückstiefe ausgemacht. Die beschriebenen Hauptrichtungen sind hier besonders eindrucksvoll erfahrbar, der Abstand zur Straße ausreichend und man überblickt das ganze Terrain, während man selbst sich im Schatten der Bäume im Geborgenem fühlt. Diese Stelle könnte als natürliches Zentrum beschrieben werden.



Konzeptuelle Zielsetzung

Dieser besondere Ort sollte das sein was er bereits ist: Das natürliche Wohnzimmer im Freien, zentrale Terrasse (plaza) und „Tor“ ins Innere der Parzelle. Die zu errichtende Bebauung sollte die bestehenden Qualitäten dieses Ortes verstärken, die landschaftlichen Attraktionen hervorheben, die Ausblicke in Richtung der zersiedelten Landschaft filtern, und die Exposition der Innen- und Außenräume bezüglich Licht, Luft und Wasser angemessen dosieren.



Konfiguration Baukörper:

Zwei annähernd parallele und etwas zueinander verschobene Baukörper treppen sich in Fallrichtung des Hanges und bilden die festen Ränder eines Hofes, der durch die Landschaftskulisse an den unverbauten offenen Seiten komplettiert wird. Die Fragmentierung durch versetzte Dachflächen und durchgesteckte Vorhöfe erlauben Durch- und Übersichten und machen den linearen Baukörper durchlässig. Räumlich wird eine Dialektik zwischen Innen und Außen, Raumhaltigkeit und Landschaftskontinuum, differenzierter Zonierung und eindeutigen Orten angestrebt.



Ala diurna - der gemeinschaftliche Tagesflügel

Bildet eine starke Ecke aus, auf die man nach Betreten der Parzelle zugeht. Der stetig ansteigende Weg wird hier umgelenkt und mündet in der überdachten Plaza, dem „Eingangstor“. Die luftig exponierte Lage, das schützende Dach und die einfassende bodengleiche Sitzbank sind Elemente des Komforts und laden zum Verweilen ein. Die Raumabfolge aus dieser Terrasse, Salon Essbereich und Küche bildet einen Winkel, der um eine alte Steineiche knickt. Im inneren fungiert der Kamin mit der offenen Feuerstelle als Scharnier. In vertikaler Richtung erfährt das Volumen seine Modellierung durch die versetzt geneigten Dächer. Als Folge des Versatzes entsteht ein enormes, nach Süden orientiertes Oberlicht, was mit ausgeprägten Leibungen nur die tiefstehende Wintersonne einfängt.






Ala nocturna - der private Wohnbereich

5 unabhängige Wohnungen werden durch überdachte Vorbereiche erschlossen. Weitere Einheiten nach Norden sind möglich. Durch die räumliche Verschränkung der Wohneinheiten und den resultierenden variierenden Raumhöhen unter dem geneigtem Dach, werden lange diagonale Raumbezüge im inneren erreicht. Dadurch wirken die Wohnungen trotz knapp bemessener Flächen großzügig und weitläufig. Die hofartigen Vorbereiche bilden einen wertvollen Zwischenraum, der durch die großformatigen Schiebeelemente individuell an die jeweiligen Erfordernisse an Sonne, Licht und Wind sowie Ein-und Ausblicke angepasst werden kann. Hier artikuliert sich die Schwelle zwischen Innen und Außen, dem privatem Wohnen und dem gemeinschaftlichen Hof, hier wird der erste Schritt aus dem Haus und auf die Erde der Dehesa zelebriert. Wie beim Gemeinschaftshaus sind auch bei den Wohnungen hohe Südfenster dafür verantwortlich, dass direkte Wintersonne tief ins innere dringt. Wegen der Abtreppung des Baukörpers durch die Hanglage, erschließt sich das Profil der Hügelkette vor allen Fensterfronten, die umgekehrt nachts als große Leuchtschirme weit in die Ferne strahlen.







Detaillierung und Materialwahl im freiem Dialog mit Traditionen

Neben den typologischen Analogien zu traditionellen Hofanlagen mit geneigten Dächern ist auch bei der Materialwahl und Konstruktionsweise ein eindeutiger Bezug zur Region erkennbar. Massive Ziegelwände als kalkverputzte Lochfassaden tragen eine einspännige Holzdecke mit traditioneller Ziegeldeckung. Als Sonnenschutz dienen Holzjalousien, die in beweglichen Metallrahmen eingespannt sind. Die Spannweite von 6 Metern wird von Brettschichtholzbindern bewerkstelligt, ihr Abstand zueinander wird durch die Tragfähigkeit der Sandwichelemente definiert, auf denen in die ondulierte Abdichtung direkt die Dachziegel trocken verlegt wurden. Der umlaufende Dachrand wurde aus gekantetem Aluminium realisiert, durch ein leichtes Innengefälle wird ein Feucht werden und Verschmutzen der aufsteigenden Wände effektiv verhindert. Je nach Entfernung des Betrachters, tritt die Präsenz der traditionellen Eindeckung zugunsten einer feinen Dachlinie zurück.







Freiflächengestaltung

Neben den typologischen Analogien zu traditionellen Hofanlagen mit geneigten Dächern ist auch bei der Materialwahl und Konstruktionsweise ein eindeutiger Bezug zur Region erkennbar. Massive Ziegelwände als kalkverputzte Lochfassaden tragen eine einspännige Holzdecke mit traditioneller Ziegeldeckung. Als Sonnenschutz dienen Holzjalousien, die in beweglichen Metallrahmen eingespannt sind. Die Spannweite von 6 Metern wird von Brettschichtholzbindern bewerkstelligt, ihr Abstand zueinander wird durch die Tragfähigkeit der Sandwichelemente definiert, auf denen in die ondulierte Abdichtung direkt die Dachziegel trocken verlegt wurden. Der umlaufende Dachrand wurde aus gekantetem Aluminium realisiert, durch ein ein leichtes Innengefälle wird ein Befeuchten und Verschmutzen der aufsteigenden Wände effektiv verhindert. Je nach Entfernung des Betrachters, tritt die Präsenz der traditionellen Eindeckung zugunsten einer feinen Dachlinie zurück.